OKS-lab fragt… Caroline Scharff

In der Serie „OKS-lab fragt…“ beantworten Dozent*innen, Fotograf*innen, Macher*innen und Absolvent*innen der Ostkreuzschule für Fotografie (OKS) Fragen zu ihrer Arbeit, ihrer Beziehung zur Fotografie und Lebensart.

Foto: Luisa Bonsen

Inka Recke aus der aktuellen Bildredaktionsklasse sprach mit Caroline Scharff über ihren Beruf als Bildredakteurin bei ZEIT Online und warum trotz der hohen Arbeitsgeschwindigkeit noch Zeit für Schönes bleibt.

Inka Recke (IR): Wie verlief dein Weg zur Ostkreuzschule?

Caroline Scharff (CS): Nach der Geburt meines Kindes wollte ich nach der Elternzeit nicht zurückkehren in meine freiberufliche Tätigkeit als Fotografin, da ich meine Jobs ausschließlich aus dem kommerziellen Bereich bezog und ich die Verbindung zum Fotojournalismus, beziehungsweise dem vom Inhalt bestimmten arbeiten, sehr vermisst habe. Es bot sich die berufliche Weiterentwicklung zur Bildredakteurin an, um wieder mit dem Fotojournalismus in Verbindung zu treten und dafür halte ich die Bildredaktionsklasse an der Ostkreuzschule für die beste Option in Deutschland.

IR: Du hast ja lange als Fotografin gearbeitet, arbeitest du noch in diesem Beruf?

CS: Tatsächlich nehme ich ab und zu freie Jobs an, kann mir aber hierbei erlauben, wählerisch zu sein, das heißt ich mache immer noch sehr gerne Portraits oder redaktionelle Aufträge, genauso habe ich aber auch eine kleine Schwäche für Interior Design und nehme auch Jobs aus diesem Bereich an. Wofür mir leider absolut die Zeit fehlt, sind freie Projekte.

IR: Was war die wichtigste Lektion oder das für deine Arbeit Wichtigste, was du in der Klasse gelernt hast?

CS: Ich denke, der verantwortungsbewusste Umgang mit Bildern gegenüber dem Rezipienten als auch dem Fotografen war das wichtigste was ich mitgenommen habe. Genauso aber auch, wie wichtig der faire Umgang mit Informationen und der Austausch unter Kolleg*innen ist: Sharing is caring.

IR: Hat sich deine Arbeit als Bildredakteurin schon während des Studiums ergeben oder erst danach und wie kam es dazu?

CS: In der Sommerpause des Aufbaustudiums habe ich ein dreimonatiges Praktikum bei der Agentur OSTKREUZ gemacht. Daraus ergab sich im Anschluss an das Studium eine weitere Zusammenarbeit. Während des Studiums habe ich auch als freie Bildredakteurin gearbeitet. Dies ergab sich über das Praktikum. Daher kann ich nur jedem zu einem Praktikum raten in dem angestrebten Bereich, da sich dabei immer Optionen für die Zukunft entwickeln können.

Foto: Robin Hammond/NOOR for Witness Change

IR: Was ist der Unterschied von Online-Bildredaktion zu Print oder Corporate?

CS: Ein sehr wichtiger Faktor in der Arbeit für ein Online-Medium ist ganz klar die Zeit. Das Arbeitstempo ist sehr hoch, was der Natur der Sache geschuldet ist. Man muss fokussiert denken und kurzfristige Entscheidungen überlegt treffen können. Oft bleibt kein Raum für einen intensiveren Austausch mit Kollegen über Bilder. Das Ergebnis muss trotzdem den höchsten Ansprüchen genügen. Das erfordert ein hohes Maß an Konzentration und die Fähigkeit, strukturiert arbeiten zu können sowie sich gleichzeitig über größere Zusammenhänge bewusst zu sein.

IR: Wie sieht dein Arbeitsalltag bei ZEIT ONLINE aus?

CS: Der Bedarf an Bildern bei ZEIT ONLINE erstreckt sich über mehrere Teilbereiche: wir planen und produzieren zum Beispiel tagesaktuelle Fotostrecken, recherchieren die Aufmacher als auch jedes Bild zu einer aktuellen Meldung. Des Weiteren betreuen wir Themenschwerpunkte und längerfristig zu planende Projekte und Fotoproduktionen.

IR: Gibt es etwas, das dir bei deiner Arbeit am meisten Spaß macht?

CS: Ein Schwerpunktthema kann großen Spaß machen, wenn man genug Vorlauf hat, um sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen und eine entsprechende Optik zu entwickeln, beziehungsweise ein Assignment zu planen. Generell machen mir Assignments und das Zusammenführen von Fotograf und Thema sehr viel Spaß. Hierbei kann ein Thema auffällig gewinnen, wenn man den passenden Fotografen gebucht hat. Genauso mag ich aber auch das Editieren von Geschichten. Wie erzähle ich eine Geschichte spannend und mit der richtigen Dynamik, so dass Inhalte durch die Form noch stärker werden können.

IR: Worauf legst du bei deiner Arbeit am meisten Wert?

CS: Qualität zu sagen, wäre etwas zu einfach. Das ist ja klar. Mir liegt es am Herzen, dass sich die Bebilderung divers verhält, das heißt alle Geschlechter, alle Hautfarben, alle sexuellen Orientierungen als auch körperlich benachteiligte Menschen bei uns vertreten werden. Das allseits vertretene Bild des weißen alten Mannes ist bei uns eher unbeliebt und wird vermieden wo möglich.

IR: Gibt es ein Thema, was dir nachhaltig in Erinnerung geblieben ist, vielleicht weil es deine erste Recherche oder ein besonders tolles Thema war?

CS: Ein Projekt aus dem letzten Jahr zu unserem Schwerpunkt „Schönheit“, bei dem ich namhafte als auch junge Fotografen angeschrieben und gefragt habe, was für sie menschliche Schönheit ist. Ich hatte sie gebeten, mir mit einem Bild aus ihrer Arbeit und einem kurzen Statement zu antworten. Es war eine Menge Arbeit, die ich neben dem Tagesgeschäft in dieses Projekt investiert habe. Ich habe Antworten vieler meiner persönlicher “Helden” bekommen und war mit dem Ergebnis sehr glücklich.
https://www.zeit.de/kultur/2019-12/schoenheit-fotografie-aesthetik-rankin-mitch-epstein-roger-ballen

Fotos: Alena Schmick und Charlotte Schmitz

IR: Wie findest du neue und interessante Fotograf*innen und Fotostrecken, woher kommt deine Inspiration? Wie findest du Neues?

CS: Hauptsächlich finde ich neue Fotograf*innen oder Projekte über soziale Medien wie Facebook oder Instagram. Diese Plattformen sind extrem gut geeignet für Fotograf*innen, neue Arbeiten zu präsentieren und darauf aufmerksam zu machen. Des Weiteren schaue ich auch immer auf Festivals und Fotopreise wie zum Beispiel das Lumix Festival, Worldpress Photo Awards, POY, BFF Förderpreis und viele mehr, da ist die Auswahl groß.

IR: Glaubst du, dass die Arbeit von Bildredakteur*innen wertgeschätzt wird? Wird das auch in Zukunft so sein?

CS: Wenn ich unsere Situation bei ZEIT ONLINE betrachte, bin ich mir sicher, dass unsere Arbeit wertgeschätzt wird. Wir sind ein großes Team in der Bildredaktion und betreuen alle Ressorts inklusive Podcasts. Ich denke auch, dass die Arbeit der Bildredakteur*innen vor allem online extrem wichtig ist und perspektivisch noch wichtiger werden wird. In der gesamten Bilderflut braucht man eine Verortung, eine Orientierung und diese kann nur durch reflektierte Bildredakteur*innen gewährleistet werden.

IR: Hättest du auch Lust, irgendwann mal was anderes zu machen oder woanders zu arbeiten, nicht online zum Beispiel?

CS: Ich kann nur sagen wie es mir momentan geht und derzeit fühle ich mich genau am richtigen Platz. Ich sehe im Onlinejournalismus noch großes Entwicklungspotenzial was zum Beispiel digitale Formate angeht.

IR: Hast du eine guten Rat für die neuen Bildredakteur*innen?

CS: Ich glaube, dass Bildredakteur*innen, genauso wie Fotograf*innen, eine klare Haltung brauchen, denn das Kommunizieren über Bilder mit einer klaren Haltung ist ein wichtiger Bestandteil des Berufes.

IR: Liebe Caroline, ich danke dir sehr für dieses Gespräch!

Caroline Scharff hat Fotodesign in München studiert und arbeitet seit 2004 als freie Fotografin in Berlin. Sie ist Absolventin der Bildredaktionsklasse 2017/18 an der Ostkreuzschule Berlin und seither tätig als Bildredakteurin und Fotografin. Nach dem Bildredaktionsstudium hat sie zunächst in der Bildredaktion der Agentur OSTKREUZ gearbeitet und ist nun seit 2018 Bildredakteurin bei ZEIT ONLINE.

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