Exposed: Sophie Meyer

Julia Akimova – aus der Bildredaktionsklasse 2023/2024 – bat die Fotografin und OKS-Studentin Sophie Meyer uns einen Einblick in die Entstehung einer ihrer Arbeiten „Vaterkind“ zu geben.

Was fotografierst Du gerne?

Ich fotografiere gerne junge Menschen und Familien, insbesondere Familienbeziehungen und Familiendynamiken. Ich finde es spannend, wie sich Familienmodelle in unserer Gesellschaft entwickeln und verändern. Ich selbst würde mich als Familienmensch bezeichnen.

Kannst Du uns darüber erzählen, warum du dich für dieses Studium entschieden hast?

Ich habe irgendwann mal eine alte Kamera von meiner Tante geschenkt bekommen und das war meine erste Kamera. Das war eine automatische Analogkamera, die sehr einfach zu bedienen war. Ich habe dann mit der Analogfotografie angefangen: schwarz-weiß und habe schon vor dem Studium in meinem Badezimmer selbst entwickelt. Irgendwann später war ich in einer Ausstellung in den Deichtorhallen, wo Tobias Kruse ausgestellt hatte. Ich habe mir die Fotos angeschaut und die waren irgendwie anders als das, was ich in den Ausstellungen davor oder auf Instagram gesehen habe. Ich hatte in meinem Leben wenig mit Fotografie zu tun. Ich komme nicht aus einem Künstler-Haushalt. Ich habe Tobias Kruses Bilder gesehen und war ganz begeistert und habe dann auch gelesen, dass er an der OKS studiert hat. Nach meinem Abitur dachte ich mir, ich könnte es jetzt mal probieren und dann habe ich es probiert und wurde auch angenommen.

Bist Du mit deiner Entscheidung zufrieden?

Ja. Ich bin sehr zufrieden. Ich glaube, dass man in den ersten zwei Jahren super viel lernt. was ich an der OKS gelernt habe: das Auge zu schulen, das ist schon bemerkenswert – welchen Sprung ich da gemacht habe. Ich kann in keine Fotoausstellung mehr gehen, ohne ganz nah an die Bilderwand zu gehen und alles genau zu überprüfen. Der Blick wird immer strenger, bei anderen Fotos und bei einem selbst. Ich glaube, das ist Fluch und Segen zugleich.

Was hat Dich besonders am Thema Familienportrait interessiert?

Wir sollten ein serielles Porträt in der Klasse machen und ich dachte, es wäre interessant, Familien in Serie zu fotografieren. Ich bin eher ein Familienmensch, das kam aber irgendwann mehr als Entscheidung. Das Thema wurde mit der Zeit mir immer wichtiger, und auch die Beziehung zu meinen Eltern wurde mir immer wichtiger, weil ich irgendwann weggezogen bin. Interessant finde ich, vor allem zwischen mir und meinem Vater: Wie sich dieses Abhängigkeitsverhältnis geändert hat. Väter sind ja oft traditionell stereotypisch die Familienfürsorger und gar nicht die emotionale Stütze, die vor allem Müttern zugeschrieben wird. Das fand ich interessant: den Kontrast zwischen weiblich sozialisierten Kindern und Vätern, weil es auch von mir kam und ich meine eigene Vater-Kind-Beziehung nicht infrage gestellt habe. Ich bin 20 und gerade in der Altersspanne fand ich es interessant, weil sich jetzt so viel ändert und der Vater dann nicht nur noch der Held ist und die erste Bezugsperson.

Wieso nur explizit Väter und keine Mütter? 

Ich möchte nur Väter fotografieren mit ihren Kindern. Ich habe ja vor allem nur weiblich sozialisierte Personen oder Töchter fotografiert, weil es mir schon wichtig ist, über diese Art von Beziehung zu sprechen, weil ich merke, dass weiblich sozialisierte Kinder anders erzogen werden als männlich sozialisierte. Aufgrund patriarchaler Strukturen ist natürlich auch dieses Verhältnis zwischen Vater und Tochter, also Mann und Frau, wieder sehr extrem, und das ist nicht vergleichbar, wie bei Mutter und Tochter. Aus meiner Beobachtung herrschen da ganz andere Schwierigkeiten und Dynamiken. Deswegen habe ich mich auf den Vater begrenzt. Ich fotografiere Töchter und nicht binäre junge Erwachsene, die als Mädchen erzogen wurden, wenn man das so sagen kann – so würde ich es beschreiben. Ich würde auch gerne Transväter fotografieren. Damit meine ich, dass ich nicht nur cis-Männer fotografieren möchte. Ich fotografiere auf keinen Fall Mütter. Ich glaube, dass da einfach die Probleme ganz andere sind und die müsste man einfach in einem anderen Kontext besprechen. 

Hast du ein Lieblingsbild aus der Serie? 

Das ist eine spannende Frage. Ich habe mich noch nie gefragt, was mein Lieblingsbild aus der Serie ist. Ich habe aber bemerkt, welche Fotos Favoriten von meiner Klasse oder von meinen Dozenten sind. Das ist einmal das Bild draußen. Da ist eine Bank und die ist leicht durchgebogen, da sitzt der Vater und die Tochter hockt auf der Bank und im Hintergrund hängt ein weißes Laken. Ich finde das auch superschwierig, wenn ich diese Familiengeschichten kennenlerne und oft mich am Anfang oder am Ende mit den Familien unterhalte, bekommt das so einen ganz persönlichen Wert für mich. Deswegen kann ich das gar nicht so gut aus fotografischer Sicht beurteilen. Ich glaube, zu dem Zeitpunkt wusste ich schon so ein bisschen mehr, wonach ich suche und wie viel ich als Fotografierende auch eingreife, weil ich am Anfang ein bisschen versucht habe, die Bilder zurecht zu komponieren und dann irgendwann die Zügel losgelassen habe. 

Sophie Meyer, geboren 2003 in Frankfurt am Main, studiert Fotografie an der Ostkreuzschule. Ihr fotografischer Fokus liegt auf der Dokumentar- sowie der Porträtfotografie.