Transformation II: Vernissage im GIZ-Haus

Im November 2013 trafen sich erstmals vier Studierende der Ostkreuzschule mit vier Fotograf/-innen der MENA-Staaten in Berlin, um das Thema ,,Transformation“ in Bildern zu interpretieren. Ein Jahr später trafen sich die Fotokünstler/-innen erneut, um dasselbe Thema aus der Perspektive eines arabischen Landes zu erkunden: Jordaniens Hauptstadt Amman. Die GIZ-Repräsentanz Berlin, die den Fotografenworkshop unter Leitung von Irina Kausch in Zusammenarbeit mit dem Gründungsmitglied und Geschäftsführer der OSTKREUZ-Agentur Werner Mahler initiiert hat, zeigt acht neue Fotoserien, die selbst als Ergebnis eines langen – vielleicht transformativen – Prozesses stehen.

Transformation, ein global verwendeter und doch abstrakter Begriff: Was bedeutet, besser was ist Transformation für die Gesellschaft, für unterschiedliche Kulturen, für das Individuum? Diese Fragen haben sich nicht nur Amelie Kahn-Ackermann, Bahar Kaygusuz, Friederike Anthea Schaap und Jonas Feige von der Abschlussklasse der Ostkreuzschule gestellt. Auch Elsie Haddad (Libanon), Luay Sababa (Palästina), Meriem Touimer (Algerien) und Salma Adel Mansour (Ägypten) haben im Rahmen des Workshops Antworten gesucht. Unterstützt wurden sie dabei durch den OSTKREUZ-Fotografen Maurice Weiss, der die Fotograf/-innen der MENA-Staaten ausgewählt und beide Workshops begleitet hat. Ihre ganz individuellen Interpretationen zum Thema haben die acht Fotograf/-innen am 11. März bei der Vernissage im GIZ-Haus vorgestellt.

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Teilnehmende des GIZ Fotografenworkshops (v.l.): Bahar Kaygusuz, Jonas Feige, Amelie Kahn-Ackermann, Meriem Touimer, Salma Adel Mansour, Elsie Haddad; Workshopleitung (r.): Maurice Weiss, Foto: Natascha Schaefer

Amelie Kahn-Ackermann beschäftigte sich mit jungen Frauen aus einem palästinensischen Flüchtlingslager in Amman, die ein Zentrum für Frauenrechte gegründet haben: Neben Sportangeboten und Geschichtsunterricht gibt es sogar einen Schmink-Kurs. Männer haben keinen Zutritt.

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Aus der Serie A woman’s place, Foto: Amelie Kahn-Ackermann

Bahar Kaygusuz nahm die ,,Kufiya“ ins Visier, eine traditionelle Kopfbedeckung der Männer in der arabischen Welt, die ursprünglich als Schutz vor Sonne und Sand diente. Inzwischen verraten Material, Farbe und Form viel über die Herkunft und den sozialen Status ihres Trägers.

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Aus der Serie Kufiya, Foto: Bahar Kaygusuz

Friederike Anthea Schaap porträtierte Mütter und deren Töchter im familiären Empfangsraum, der in Jordanien eine entscheidende Rolle spielt und einen subtilen Kontext zu persönlichem und gesellschaftlichem Hintergrund der Porträtierten liefert.

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Aus der Serie Mütter und Töchter, Foto: Friederike Anthea Schaap

Jonas Feige nahm seinen Blitz und streifte durch das nächtliche Amman, auf der Suche nach ,,kleinen Skurrilitäten und absurden Momenten“, die er durch das Anblitzen auf ihre Formen abstrahierte. In seinen Bildern zeigt sich Amman auch als Metropole, deren moderne Fassade an manchen Stellen noch (oder bereits?) zu bröckeln scheint.

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Aus der Serie Silver City, Foto: Jonas Feige

Luay Sababa fokussierte sich auf Kriegsflüchtlinge aus dem Irak. Das sind hauptsächlich Christen, die sich in Amman ein neues Leben aufgebaut haben. In seiner Arbeit stellt er die Frage, inwiefern sich deren Leben und Identität durch die neue Umgebung verändert haben.

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Aus der Serie Was bleibt übrig?, Foto: Luay Sababa

Elsie, die von einem Gedicht aus dem Film 25th hour inspiriert wurde, zog es in die Wüste Petra. Dort war sie auf der Suche nach Stille und traf am Ende doch immer wieder auf Spuren von Menschen. Wie lange wird es wohl dauern, bis sich die weiten Ebenen in eine Stadt voller Betriebsamkeit verwandeln?

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Aus der Serie Der Sand längs des Weges, Foto: Elsie Haddad

Meriem Touimer entdeckte inmitten eines Einkaufsgebiets ein überdimensionales Gedicht aus Graffiti. Dadurch sensibilisiert ging sie auf Entdeckungsreise in Amman und fand zahlreiche künstlerische, spirituelle und ganz alltägliche Sätze auf den Wänden, die der Stadt ein ganz eigenes Gesamtbild geben.

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Aus der Serie Stadtgespräch, Foto: Meriem Touimer

Salma Adel Mansour dokumentierte das Leben einer tschetschenischen Familie, deren Kultur der tscherkessischen Kultur ähnelt. Die Tscherkessen, eine Minderheit, zählten zu den ersten Siedlern der Stadt und spielten eine entscheidende Rolle in der jordanischen Stammesgeschichte, über die heute jedoch kaum mehr jemand spricht.

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Aus der Serie Geschichten aus dem Kaukasus auf der Spur, Foto: Salma Adel Mansour

Die Frage nach Transformation, ihren Bedingungen, Formen und Folgen erscheint im täglichen Leben allgegenwärtig und doch war sie im Hinblick auf den Arabischen Frühling, die Krisen im Nahen und Mittleren Osten besonders relevant. Für viele der MENA-Fotografen war sie zudem eine Möglichkeit, ohne finanziellen Druck fotografisch zu experimentieren.

,,Amman war, glaube ich, besser als Berlin“, sagt Maurice Weiss.  ,,Berlin war so ein Abtasten, es gab weniger Begegnungen. In Amman waren alle auf einer Insel.“ Es gab jeden Abend lange Gespräche unter den Fotografen/-innen – Gespräche, die womöglich immer wieder selbst Veränderungsprozesse im Denken angeregt und so den Blick für Neues frei gemacht haben.

Mehr Informationen zur GIZ-Repräsentanz Berlin am Reichpietschufer 20. Die Ausstellung befindet sich derzeit im Foyer und dessen Nebenräumen sowie im ersten Stock. Bei Interesse eine kurze E-Mail an die GIZ: giz-berlin@giz.de (Projektkoordination: Mohamed Ibrahim)