Ateliergespräch: Sara-Lena Maierhofer präsentiert „Dear Clark“

Mit ihrer Diplomarbeit Dear Clark, – Studie eines Hochstaplers gelang der jungen Fotografin Sara-Lena Maierhofer ein fulminanter Erfolg. 2011 war die Arbeit Teil der Ausstellung Gute Aussichten – Junge Deutsche Fotografie und 2013 gewann sie einen der Dokumentarfotografie Förderpreise der Wüstenrot Stiftung. Sara-Lena Maierhofer besuchte die Ostkreuzschule am 11. Juli 2014, um im Rahmen des von Enno Kaufhold moderierten Ateliergesprächs ihre Arbeit Dear Clark vorzustellen.

Sara-Lena Maierhofer zu Besuch in der OKS, Foto: Vanessa de Maddalena

Sara-Lena Maierhofer zu Besuch in der OKS, Foto: Vanessa de Maddalena

Auf Clark Rockefeller wurde Sara-Lena Maierhofer durch einen Artikel, der am 26. Mai 2009 in der Süddeutschen Zeitung erschien, aufmerksam. Ein halbes Jahr trug sie den Artikel mit sich herum, bis sie sich schließlich für die Geschichte des Hochstaplers Clark Rockefeller, gebürtig Christian G., zu interessieren begann. Ein Bayer, der mit 17 Jahren in die USA verschwand, seine Eltern glauben ließ, er sei tot, und in den USA 30 Jahre lang als Hochstapler an verschiedenen Orten und unter unterschiedlichen Namen lebte. Christian G. sitzt noch heute seine Gefängnisstrafe in Boston ab. Sara-Lena Maierhofer versuchte, über Briefe mit ihm Kontakt aufzunehmen, um ihn über ihr geplantes Projekt zu informieren. Er hat nie geantwortet.

Sara-Lena Maierhofer antwortet auf eine Frage des Moderators Enno Kaufhold, Foto: Vanessa de Maddalena

Sara-Lena Maierhofer antwortet auf eine Frage des Moderators Enno Kaufhold, Foto: Vanessa de Maddalena

Dear Clark wäre nicht die Arbeit, die sie ist, hätte Clark Rockefeller damals auf ihren Brief reagiert: „Ich glaube, die Arbeit wäre ein ganzes Stück langweiliger gewesen, hätte er geantwortet. Ich hätte brav vor ihm gesessen und Portraits gemacht, hätte mit weiteren Hochstaplern gesprochen und auch sie portraitiert.“ Dadurch, dass er sich entzogen habe, habe er ihr auch ein Stück Realität entzogen. Diese musste sie auf künstliche Weise reproduzieren. So entstand eine Arbeit, in der sich Fakt und Fiktion, Kreation und Dokumentation vermischen. Archivdokumente wie die Geburtsurkunde von Christian G. oder sein Abschlusszeugnis von der Berufsfachschule wechseln sich mit der Collage eines Einhorns oder des Portraits von einem Michael Jackson-Double ab. Strukturiert wurden die über ein Jahr produzierten sowie gesammelten Bilder, Collagen und Dokumente in sieben Kapiteln:

1) Das Versprechen
2) Die Lüge
3) Die Verwandlung
4) Die Teilung
5) Die Reflektion
6) Die Häutung
7) Die Spur

Das erste Kapitel Das Versprechen handelt vom amerikanischen Traum: „You can be anything you want to be“. Die Fotografin besuchte für ihre Recherche Orte, die dieses ewige Versprechen, dass man sich immer selbst verwirklichen und alles erreichen kann, versinnbildlichen. Das Kapitel sei eine Analyse von außen, in dem sie mit Bildern versuche, die Natur der Lüge zu entschlüsseln. Als sie in ihrer Bildpräsentation beim Foto eines Mitgliedes des Rotary Clubs of Pasadena angelangt, erzählt Sara-Lena Maierhofer, wie sie selbst zur Hochstaplerin werden musste, um überhaupt Zutritt zum Club zu erhalten. Ihre ersten Anfragen seien ignoriert worden. Sie stellte sich schließlich als riesigen Rotary Club-Fan vor, deren Eltern langjährige Mitglieder eines eben solchen Clubs seien. Darauf erhielt sie eine positive Antwort. „Ich musste dann sozusagen selber das Wissen anwenden, das Clark mir vorgegeben hat“.

Sara-Lena Maierhofer spricht über ihre Arbeit Dear Clark, Foto: Vanessa de Maddalena

Sara-Lena Maierhofer spricht über ihre Arbeit Dear Clark , Foto: Vanessa de Maddalena

An Hand der folgenden Kapitel erklärt uns Sara-Lena Maierhofer, wie sie sich mit der Frage auseinandersetzte, wie ein Hochstapler entsteht. Sie stellt uns Theorien vor, die nicht nur diese Frage zu beantworten suchen, sondern sich im Rahmen der Studie mit der menschlichen Identität auseinandersetzen. Wie sie Schauspieler zu einem Casting einlud, um von ihnen zu lernen, wie man eine Identität imitiert. Auf welche Art und Weise sie sich im Zusammenhang mit ihrer Studie mit dem Thema „Distanz“ befasste. Sie baute beispielsweise eine Maschine nach und experimentierte im Labor mit Distanz und Distanzen. Sie traf sich mit Wissenschaftlern, Privatdetektiven und Freunden von Clark. Doch egal wie sehr sie sich mit ihm auseinandersetzte, etwas von ihm sei ihr immer entglitten. So erzählt uns Sara-Lena Maierhofer in Dear Clark nicht vorrangig die Geschichte von Clark Rockefeller. In ihrer praktischen und theoretischen Studie untersucht sie die Figur des Hochstaplers, wobei die Auseinandersetzung mit Themen wie „Identität“, „Distanz“ und „Fotografie“ von großer Wichtigkeit sind: „Der Betrachter erfährt in der Arbeit nicht viel über Clark Rockefeller, sondern viel mehr, wie ich über die Fotografie denke.“

Hier kann man sich das Buch Dear Clark ansehen.

Sara-Lena Maierhofer: Geboren 1982 in Freudenstadt im Schwarzwald. Ihr Studium Fotografie und Medien an der Fachhochschule Bielefeld schloss sie 2011 mit ihrer Diplomarbeit „Dear Clark“ ab. Ein DAAD-Auslandsstipendium ermöglichte ihr einen Aufenthalt in den USA, wo ein Teil ihrer Diplomarbeit entstand. Sara-Lena Maierhofer lebt und arbeitet in Berlin.

www.saralena.com