Unseen Photo Festival 2019 – Unsere Entdeckungen

Die achte Ausgabe des Fotofestivals UNSEEN fand vom 20. bis 22. September 2019 in Amsterdam statt. Die internationale Messe für zeitgenössische Fotografie auf dem Gelände der Westergasfabriek konzentriert sich auf unentdeckte Fototalente und bisher nicht gezeigte Werke etablierter Künstler/-innen.

Programm und Übersicht der Ausstellungsorte in Amsterdam UNSEEN 2019,
Foto: Ann-Kristin Ziegler
Gelände der Westergasfabriek, Foto: Ann-Kristin Ziegler
Gespräch mit dem Fotografen Lorenzo Vitturi, Foto: Ann-Kristin Ziegler
Koen Hauser spricht über seine Arbeit »Skulptura«, Foto: Ann-Kristin Ziegler

Ann-Kristin Ziegler und Catherine Waibel, zwei Studentinnen der Bildredaktionsklasse 2019/20 der Ostkreuzschule für Fotografie (OKS), haben das diesjährige UNSEEN Festival besucht und stellen euch nun ein paar Entdeckungen von ausgestellten Fotoarbeiten vor.

Infrastructure aus der Serie »There is Gaz Under the Tundra« 2018, Foto: Charles Xelot

Der zwischen Paris und Moskau lebende Fotograf Charles Xelot (geb. 1985) erkundet die Grenzen zwischen Kunst und Dokumentation und hat ein Interesse für soziale und umweltbedingte Veränderungen entwickelt. In seinem Langzeitprojekt There is Gaz Under the Tundra erforschte er die arktische Industrie der Gasproduktion auf der Jamal-Halbinsel im Nordwesten Sibiriens. Die Tundra, welche einst nur von Rentierherden und ihren Hirten durchquert wurde, ist nun mit zahlreichen Rohrleitungen und Leuchtsignalen besetzt. Mit Bildern von riesigen, futuristischen Fabrikanlagen und Porträts der Rentierherden in eisigem Umfeld, stellt der Fotograf eine bizarre Welt aus Eis und Metall vor. Seine Fotoserie wurde am UNSEEN Festival von der Galerie Sit Down aus Paris präsentiert.

Stillleben mit Himbeeren und Birnen 2016, Foto: Lia Darjes

Während eines Besuches in der russischen Exklave Kaliningrad entdeckte die deutsche Fotografin Lia Darjes (geb. 1984) kleine improvisierte Marktstände an den Strassenrändern dieser vernachlässigten Gegend. Alte Frauen bieten auf einfachen Holzkisten, Zeitungen oder Campingtischen Waren an, welche sie aus Gärten oder nahegelegenen Feldern und Wäldern ernten, um ihre Rente aufzubessern. Mit Großformatkamera und Blitz inszenierte Lia Darjes diese Waren in Form von opulenten Stillleben. Dabei geht es in ihrer Fotoarbeit Tempora Morte darum, eine zeitgemäße Verbindung des klassischen Stillleben-Genres mit aktueller dokumentarischer Fotografie zu entwickeln. Ihre Bilder waren im September 2019 am UNSEEN Festival zu sehen. Ab November 2019 sind sie in der Robert Morat Galerie in Berlin ausgestellt. An der OKS arbeitet Lia Darjes zurzeit als Dozentin.

Shoulder aus der Serie »Drown in my Magic« 2019, Foto: David Uzochukwu

Der junge Fotograf David Uzochukwu (geb. 1998) mit österreichisch-nigerianischen Wurzeln hat schon sehr früh eine Faszination für Fine-Art-Fotografie entwickelt. Sein Werk ist besonders durch Porträts und ausdrucksvollen Umgebungen gekennzeichnet. Das Fotoprojekt Drown in my Magic, welches in der Galerie Number 8 am UNSEEN Festival gezeigt wurde, ist im Senegal entstanden. Mit surrealistischen Aspekten zeigt die Arbeit humanoide Wasserkreaturen innerhalb der Natur. Dabei möchte der Fotograf die Thematik der Entmenschlichung schwarzer Menschen visualisieren.

#1 San Francisco aus der Serie »Living Room« 2019, Foto: Jana Sophia Nolle

San Francisco hat sich in den vergangenen Jahren, aufgrund der wachsenden Technologie-Industrie im benachbarten Silicon Valley, zu einer Stadt mit hohem Lebensstandard entwickelt. Leben wurde für viele Leute dort unbezahlbar, die Obdachlosigkeit stieg rasant. Als die in Deutschland geborene Fotografin Jana Sophia Nolle (geb. 1986) die Stadt besuchte, fielen ihr die selbstgebauten Hütten der zahlreichen Obdachlosen auf. Sie war von den Konstruktionen fasziniert, mit denen die Obdachlosen versuchen, sich und ihre Sachen zu schützen. Daraufhin entstand ihr Kunstprojekt Living Room. Sie baute die Hütten der Obdachlosen in den Wohnzimmern reicher Leute nach und hielt diese Inszenierung mit der Kamera fest. Armut und Reichtum der Stadt San Francisco werden somit zusammengebracht und regen uns zum Nachdenken an. Jana Sophia Nolle hat im Jahr 2018 ihr Fotografiestudium an der OKS in Berlin abgeschlossen. Am UNSEEN Festival war ihre Fotoserie in der Catharine Clark Gallery aus San Francisco zu sehen.

Auszug aus Koen Hausers Publikation »Skulptura«, Foto: Koen Hauser

Koen Hauser (geb. 1972) absolvierte 1996 ein Master Studium in Sozialpsychologie an der Universität Leiden, bevor er sich dazu entschloss, Fotografie an der Royal Academy of Art und später an und der Gerrit Rietveld Academy zu studieren. Auf dem UNSEEN Festival präsentierte er eine Sammlung an mysteriösen Fotografien von Objekten und Skulpturen, die einen sofort in eine andere Welt ziehen und zum träumen anregen. Die meisten Abbildungen stammen aus Koen Hausers Fantasie, welche er durch verschiedene digitale und manuell Methoden visualisiert. Besonders interessiert ihn die Spannung und der Zusammenhang zwischen dem Wissenschaftlichen und Emotionalen, dem Metaphysischem und Visuellen. 

UNSEEN ist eine der bekanntesten und führenden Plattformen für zeitgenössische Fotografie. Das Festival findet jedes Jahr in Amsterdam statt, zeigt neue fotografische Tendenzen und bietet talentierten Nachwuchsfotograf/-innen einen Kanal, ihre Arbeiten vor einem internationalen Publikum zu präsentieren.