Fotodoks – Festival für aktuelle Dokumentarfotografie

Zum fünften Mal findet das Fotodoks Festival dieses Jahr in München statt: Während der Festivalwoche vom 13. bis zum 18. Oktober lädt Fotodoks zu Begegnung, Information, Austausch und Inspiration. An der Gruppenausstellung im Münchner Stadtmuseum (bis zum 16. Januar 2016) sind 17 Fotografen beteiligt, darunter Tanja Kernweiss und Tom Licht. Beide Absolventen/-innen der Ostkreuzschule für Fotografie.

Fotodoks Festivalplakat, Foto: Anne Morgenstern, Grafiker: Martin Steiner

 

Fotodoks ist eines der Festivals, das nur mit großem Enthusiasmus, Energie und Teamarbeit stattfinden kann: Das Team besteht aus der Kuratorin Sophia Greiff und den Fotografen Hans Herbig, Robert Pupeter, Jörg Koopmann sowie Armin Smailovic wie auch zahlreichen Helfern. Für jede Ausgabe des Festivals wird neben fotografischen Positionen aus dem deutschsprachigen Raum eine Gastregion eingeladen und ein Festivalthema reflektiert. In diesem Jahr sind die Länder Ex-Jugoslawiens zu Gast und gemeinsam wird ein Blick auf das Thema Past is Now geworfen. Gezeigt wird eine große Bandbreite aktueller Positionen der dokumentarischen Fotografie, Fotodoks streckt aber auch die dokumentarischen Fühler in die Bereiche Video und Malerei aus.

Interessant wird nicht nur das Rahmenprogramm im Festivalzentrum Maximilians Forum; bei Vorträgen, Fotografengesprächen, Podiumsdiskussionen und Screenings treffen internationale Künstler/-innen und Experten/-innen auf ein Fotografie begeistertes Publikum. Daneben gibt es Satelliten-Ausstellungen, Werkstattgespräche, Führungen und Workshops (in Kooperation mit Magnum, Der Greif und Belgrade Raw), deren Ergebnisse am Ende der Woche dem Festivalpublikum präsentiert werden.

Höhepunkt ist die am Festival-Samstag stattfindende Verleihung des ZEIT Magazin Fotopreises. 2013 erhielt ihn die Ostkreuz-Fotografin Linn Schröder. Anschließend wird erstmals ein Publikumspreis vergeben und danach gefeiert.

Impressionen vom Festival 2011–2013, Foto: Fotodoks

Impressionen vom Festival 2011–2013, Fotos: Fotodoks

 

Zum diesjährigen Festival-Thema schreibt Fotodoks: „In jedem Heute bleibt das Gestern spürbar – als Vorbild oder prägender Einfluss, als verschwommene Erinnerung, Wiederholung oder Neudefinition von bereits Dagewesenem. Gemeinsam mit der Partnerregion Ex-Jugoslawien beleuchtet Fotodoks 2015 den Status Quo und das Potential des Gestern im Heute. Die dokumentarischen Positionen der diesjährigen Ausstellung setzen sich in vielfältiger Weise mit dem Thema ‚Past is Now‘ auseinander: Sie arbeiten mit bestehenden Archiven oder lassen neue entstehen; sie gehen auf historische Spurensuche und reflektieren kulturelle Stereotypen und musikalische Mythen; sie blicken zurück auf 25 Jahre deutsche Wiedervereinigung sowie auf 20 Jahre Dayton-Friedensabkommen, das den Krieg in Bosnien und Herzegowina beendete. Sie hinterfragen das Versprechen von Europa und, wie immer bei Fotodoks, setzen sich die Arbeiten auch mit der Rolle der Dokumentarfotografie und den Medien auseinander – und scheuen sich dabei nicht, die dokumentarischen Fühler auch in die Bereiche Video und Malerei auszustrecken und aktuelle Tendenzen wie den Begriff ‚post-documentary‘ zur Diskussion zu stellen.“

Die in der Ausstellung Fotodoks 2015: Past is Now präsentierten Serien von Tanja Kernweiss und Tom Licht, die beide an der Ostkreuzschule für Fotografie ein Postgraduierten-Studium absolvierten,  setzen unterschiedliche Akzente.

Tanja Kernweiss (Studium bei Arno Fischer) wirft in ihrem Langzeitprojekt Wishing Well (2014) einen Blick auf einen Kult, der seit 25 Jahren wirkt: Anfang der 1990er Jahre, während die Sowjetunion zerfällt, der erste Irakkrieg entbrennt und mit dem Konflikt in Jugoslawien auch in Europa wieder Krieg herrscht, schreibt eine Band aus der amerikanischen Provinz den Soundtrack für eine Generation – und das weit über die USA hinaus. Die Songs von Nirvana, die von Verletzung, Verwirrung und der Suche nach Liebe und Anerkennung handeln, berühren damals wie heute. Zwanzig Jahre nach dem Selbstmord des Sängers Kurt Cobain spürt Tanja Kernweiss dem Mythos um die Band nach. Sie besucht die Orte, die einen direkten Bezug zu Nirvana haben oder erst im Nachhinein mit Bedeutung aufgeladen wurden, und zeigt in ihren Bildern die Atmosphäre und Symbole aus der damaligen Zeit sowie deren Widerhall im Heute.

Eine Auswahl der Fotos von Tanja Kernweiss:

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Tom Licht (studierte bei Ute Mahler und Robert Lyon) stellt in München seine sehr persönliche Serie Vater, Sohn und der Krieg (2013-2015) vor, die auch als Buch erschienen ist: Gemeinsam mit seinem Vater bricht Tom Licht 2013 auf eine Reise durch Polen, die Ukraine, Belarus und Russland auf, um den Ort zu finden, an dem 1941 der damals 35-jährige Großvater des Fotografen bei einem Angriff auf ein russisches Dorf gefallen war. Auf den Spuren eines Mannes, den sie beide nie persönlich kennengelernt haben, werden Vater und Sohn nicht nur mit den Reminiszenzen des Zweiten Weltkrieges, sondern auch mit persönlichen Befindlichkeiten und der Beziehung zueinander konfrontiert. „Je weiter weg wir von Zuhause waren, desto näher sind wir uns gekommen“, beschreibt der Fotograf Tom Licht ihre geteilte Erfahrung.

Eine Auswahl der Fotos von Tom Licht:

Tom Licht_Vater, Sohn und der Krieg3 Tom Licht_Vater, Sohn und der Krieg Tom Licht_Vater, Sohn und der Krieg2

 

Die Festivalwoche findet vom 13. bis 18.10.2015 im Münchner MaximiliansForum statt.
Die Eröffnung der Ausstellung im Stadtmuseum in München ist am 14. Oktober 2015.
Weitere Informationen unter fotodoks.de

Weitere Ausstellende sind Jaka Babnik, Roman Bezjak, Collaboration-project, Jörg Gläscher, Ziyah Gafić, Ibro Hasanović, Borut Krajnc, Saša Krajl, Anne Morgenstern, Vladimir Miladinović, Merlin Nadj-Torma, Dragan Petrović, Hrvoje Slovenc, Katja Stuke, Oliver Sieber und Michael Wesely.