OKS Intern

Direkt gegenüber des Haupteingangs der Ostkreuzschule für Fotografie befindet sich die Werkstatt von Matthias Möhring. Sie zählt zu den auch in Berlin immer weniger werdenen Anlaufstellen für die Reparatur und Wartung analoger Fototechnik. Wir haben uns mit Herrn Möhring an seinem Arbeitsplatz inmitten unzähliger Kameras, Messgeräte und Schrauben zu einem Interview über dessen besonders gewordene Arbeit verabredet.

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Matthias Möhring in seiner Werkstatt, Foto: Chantal Alexandra Pilsl

OKS-lab: Guten Tag, Herr Möhring. Wie geht es Ihnen?
Matthias Möhring: Gut.

Wie sind Sie zur Reparatur von Fotoapparaten gekommen?
Das ist jetzt inzwischen schon über 30 Jahre her. Ich habe damals in der Serviceabteilung von Zeiss in Ost-Berlin angefangen und in der Werkstatt mitgearbeitet. Danach ging es weiter zum Berliner Verlag, der auch eine eigene Werkstatt hatte, in der ich die Leute von der Presse mit der Reparatur und Wartung ihrer Kameras unterstützt habe. Da gab es auch schon viele Hasselblads und Nikons. Man war damals schon recht gut ausgerüstet. Es fanden auch schon viele Schulungen aus den jeweiligen Ländern der Hersteller statt. Ich konnte so immer dazu lernen und so hat sich das bei mir immer weiterentwickelt. Im Prinzip war das alles somit „Learning by Doing.“

Könnten Sie jeden analogen Fotoapparat reparieren?
Nein, da gibt es Ausnahmen. Das ist hauptsächlich eine Frage der Ersatzteile und der Unterlagen. Da gibt es nicht immer alles, oder man kommt nur noch sehr schwer dran. Für viele Dinge, wie zum Beispiel die Justierung braucht man sogenannte Service-Manuals für den Techniker. Da kommt man mit einer einfachen Bedienungsanleitung nicht weiter. Ich habe mir für ältere Modelle schon viel über Umwege aus den USA schicken lassen. Speziell für Nikon und Canon. Es ist alles ein bisschen umständlich geworden, denn die Firmen halten sich selber sehr bedeckt und geben kaum mehr Unterlagen raus. Die wollen eher, dass das alte Zeug vom Markt kommt, denn es sollen ja neue Produkte gekauft werden.

Wird heute weniger analog fotografiert als noch vor fünf Jahren?
Ja, grundsätzlich ist das schon zu merken. Geld verdient man ja heutzutage mit digitaler Fotografie. Doch viele Fotografen arbeiten immer noch zweigleisig und in letzter Zeit steigt die Zahl für Reparaturen wieder an. Vor allem im Mittelformatbereich.  Hasselblad, Mamiya, usw.

Gibt es ein Kamerasystem, welches Sie als Techniker besonders fasziniert?
Ja, das ist vor allem das alte Hasselblad-System. Das ist unverwüstlich und einfach gut gebaut. Im Laufe der Jahre steigt da mal ein Teil aus, aber das wird dann einfach repariert und dann ist die Kamera wieder fit für die nächsten Jahre oder sogar Jahrzehnte.  Speziell für die Hasselblad habe ich mittlerweile ein ziemlich großes Ersatzteillager.

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Analoge Feinmechanik, Foto: Chantal Alexandra Pilsl

Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, ein eigenes Kamerasystem zu entwickeln?
Nein, überhaupt nicht. Ich hatte zwar mal vor 20 Jahren über eigene Blitzanlagen nachgedacht, doch speziell bei Blitzanlagen ist der Markt ziemlich gesättigt. Generell ist mittlerweile alles sehr schnelllebig geworden. Nach fünf Jahren ist eine Blitzanlage wieder total veraltet. Das Prinzip der Firmen ist, dass man gleich wieder neu kaufen soll. Mir geht es aber immer noch um das richtige Reparieren. Ich will nicht einfach nur Platinen austauschen. Ich sehe da schon ein wenig ein Problem mit unserer Wegwerfmentalität. Es wird heute nur noch selten eine richtige Fehlersuche gemacht. Höchstens werden ganze Komponenten gecheckt und dann ein komplettes Modul ausgetauscht.  Dafür zahlt der Kunde dann schnell 600 Euro und mehr. Da repariere ich doch lieber richtig. Das kostet zwar auch immer mehr Zeit, aber dafür weiss ich danach auch, was ich gemacht habe.

Was war denn die älteste Kamera, die Sie repariert haben?
Das war eine Leica aus den 30er Jahren, und die wurde nach der Reparatur auch wieder richtig benutzt. Die Verschlusstücher waren erstaunlicherweise noch richtig in Ordnung. Nur an der Mechanik musste ein wenig was gemacht werden.

Reparieren Sie eigentlich auch digitale Kameras?
Nein. Was aber nicht heißt, dass ich etwas gegen digitale Fotografie hätte. Für die Dokumentation von Fehlern lege ich ja auch keinen Film mehr ein, sondern greife auf eine digitale Kamera zurück.

Glauben Sie, dass die analoge Fotografie irgendwann mal völlig verschwinden wird? Oder wird sie sich Ihre Nische bewahren?
Ich glaube nicht, dass sie ganz aussterben wird. Das hoffe ich natürlich auch ein bisschen für meine Werkstatt. Aber ich habe schon das Gefühl, als wenn man sich wieder ein wenig mehr auf die analoge Fotografie besinnt. Im digitalen Bereich wird ja oft einfach nur die Kamera hochgehalten, 500 Fotos gemacht und dann eines ausgesucht. Mit Film ist so eine Arbeitsweise im Grunde ausgeschlossen. Da muss man einfach mehr gucken und beobachten.

Behalten Sie bei den ganzen Schrauben überhaupt den Überblick?
Wenn, dann verliere ich den nur für einen kurzen Moment. Alles ist nach einem bestimmten System sortiert, auch wenn es im Moment in meiner Werkstatt nicht so danach aussieht.

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Arbeitstisch, Foto: Chantal Alexandra Pilsl

Fotografieren Sie eigentlich selbst?
Kaum. Ok, ich mach´ auch mal ein paar Fotos, wenn mir irgendwas gefällt, aber als künstlerisch würde ich das nicht bezeichnen. Ich habe allerdings früher mal auf Friedhöfen fotografiert. Das waren hauptsächlich Aufnahmen in schwarz-weiss, aber irgendwie ist das Interesse dann wieder langsam verschwunden. Vielleicht hat man durch das IN der Kamera Arbeiten nicht mehr so eine Lust, auch HINTER der Kamera zu stehen.

Was raten Sie jedem, der noch analog fotografiert?
Ich kann nur sagen: ,,Leute, pflegt eure Geräte!“ Wenn eine Kamera mal lange nicht benutzt worden ist, einfach mal in die Hand nehmen und alles durchchecken. Das reicht in der Regel schon. Ein Fotoapparat ist in erster Linie ein Arbeitsgerät. Das sollte man immer im Hinterkopf behalten. Denn wenn es mal zu einer Reparatur kommt, kann es dann schnell richtig teuer werden. Also bitte Eure Kameras gar nicht erst im Keller verstauen.

Was ist denn Ihr wichtigstes Werkzeug?
Das kann ich eigentlich nicht so richtig sagen. Mein Arbeitsplatz ist unterteilt in die Bereiche Mechanik und Elektronik. In der Elektronik wäre das mein Lötkolben, zusammen mit den ganzen Messgeräten. Beim Mechanischen ist es meine Schraubenzieher – und Pinzettensammlung.

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Elektronik-Stillleben, Foto: Chantal Alexandra Pilsl

Was würden Sie jetzt machen, wenn Sie nicht Fotomechaniker geworden wären?
Schwer zu beantworten. Ich habe lange Zeit Schlagzeug gespielt. Das zu einem richtigen Beruf zu machen war in der DDR aber nicht so einfach. Man ist da ein bisschen gehemmt worden. Heute spiele ich kein Schlagzeug mehr. Das ist durch meine viele Arbeit einfach nicht mehr möglich. Aber es wäre trotzdem mein Traumberuf gewesen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Dieser Beitrag wurde zusammen mit Chantal Alexandra Pilsl verfasst.

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