Der Wandel steht immer Pate

Isabel Kiesewetter, Abschlussarbeit Konversion, Bild 05

Foto: Isabel Kiesewetter, das „grüne Bild“, das das Thema der Abschlussarbeit „Konversion“ bestimmte.

 

Bei den Arbeiten der Ostkreuzschule-Absolventin Isabel Kiesewetter stand der Wandel bisher immer in irgendeiner Weise Pate. Für die Serie „Konversion“, die aktuell unter den Finalisten des 2013 International Photobook Dummy Award ist, vertraute die Fotografin einer Mamiya und kombinierte hohe Tiefenschärfe mit räumlicher Distanz.

Damit wiederholte sie auch in der technischen Umsetzung ihre bewusst neutral gehaltene Sichtweise. Das Ergebnis sind jedoch visuelle Eindrücke, die über eine sachliche Landschaftsdokumentation weit hinaus reichen: Es sind sorgfältige Portraits, die dem Betrachter Naturareale und deren Lebenszyklen vorstellen – ganz so, als seien diese Persönlichkeiten, die einmal mehr oder weniger darauf pochen, entdeckt zu werden.

OKS: Wie ist die Idee zu deinem Abschlussprojekt „Konversion“ entstanden?

Isabel Kiesewetter: Ich bin durch Brandenburg gefahren und dabei fielen mir zahlreiche umzäunte Gelände auf. Bei meinen Recherchen bin ich ziemlich schnell auf den Begriff „Konversion“ gestoßen, der ja sehr unterschiedlich verwendet wird, aber in diesem Fall eine Umnutzung ehemaliger militärischer Areale meint. Alle Arbeiten, die ich bisher fotografiert habe, beschäftigen sich im weitesten Sinne mit „Wandel“ – und haben eine gesellschaftspolitische Relevanz. Das war auch der Anspruch an meine Abschlussarbeit.

Wie hast Du deine Arbeit organisiert?

Ich habe recherchiert und versucht, die Auswahl durch gezielte Fragestellungen einzugrenzen. Nach dem Abzug der alliierten Truppen blieben viele Militärgelände verwaist zurück. Mich interessierten sowohl die Möglichkeiten der späteren Nutzung als auch deren Grenzen. Kontaminierte Flächen sind beispielsweise bis heute nicht nutzbar, oder nach teilweiser Beräumung werden sie durch Stiftungen als Naturschutzgebiete ausgewiesen und entsprechend ausgestattet.
Wenn ich ein interessantes Gelände entdeckt habe, vereinbarte ich meistens Termine mit dem Eigentümer oder Pächter und bin mit dem Auto losgefahren. Kontaminiertes Gebiet darf auch gar nicht allein betreten werden. Es waren um die 30-40 Orte, die ich aufgesucht habe. Und manchmal gab es auch gar kein Bild.

Und die Finanzierung?

Meine Arbeit ist komplett eigenfinanziert.

Was liegt Dir bei deiner Arbeit besonders am Herzen?

Mir war immer wichtig, keinen Verfall zu zeigen. Ich habe versucht, einen neutralen Standpunkt einzunehmen und mich darauf konzentriert, diese Haltung auch technisch umzusetzen, indem ich wenig mit geringer Tiefenschärfe gearbeitet habe und viele Bilder aus einer größeren Distanz oder von einem erhöhten Standpunkt aus aufgenommen habe.

Was macht ein Bild zu einem guten Bild?

Ein Bild, das außer dem Gesehenen noch eine weitere Ebene bietet.

Wer sind deine Vorbilder?

Joel Sternfeld, Alec Soth, Todd Hido.

Gibt es ein eigenes Werk, das Dir viel bedeutet?

Das erste Bild, das für die Serie „Konversion“ entstanden ist. Es ist das „grüne Bild“, und ich kann mich noch erinnern, dass ich früh morgens zum Sonnenaufgang mit einer Frau verabredet war, die sich auf dem Gelände sehr gut auskannte. Es war im Dezember. Ich hatte schon viel recherchiert und wusste inzwischen, wie ich mich mit dem Thema auseinandersetzen möchte. Allerdings betraf das die Theorie. Das Bild, das dann an diesem Morgen entstand, hat mich so überzeugt, dass ich beschloss, das Thema zu meiner Abschlussarbeit zu machen. Davor war ich bereits eine ganze Weile mit einem anderen Thema beschäftigt …

Isabel Kiesewetter (Klasse Prof. Ute Mahler, 6. Jahrgang), 1974 in Lübeck geboren, studierte Gebärdensprache, Psychologie und Erziehungswissenschaften in Hamburg. Sie ist freie Fotografin und Dolmetscherin. Ihre Abschlussarbeit „Konversion“ beschäftigt sich mit der Umwandlung ehemaliger deutscher Militärgelände in eine zivile Nutzung und zeigt auch, wie die Natur oft Besitz von militärischem Nachlass ergreift, lange bevor die geplante Konversion der Areale abgeschlossen ist. „Konversion“ ist von 21.09. bis 22.10.2013 in der Galerie exposure twelve in der Greifswalder Strasse 217, 10405 Berlin, zu sehen.

www.isabelkiesewetter.de