Ich wäre so gerne … BILDREDAKTEUR!

Für bildaffine Menschen, die nicht als Fotografen tätig werden wollen, sondern gerne organisieren, recherchieren und editieren, also im Hintergrund agieren, liegt kein Berufsbild näher als das des Bildredakteurs. Doch wie schafft man hier den richtigen Einstieg? Nadja Masri von der Ostkreuzschule für Fotografie in Berlin erklärt, wie’s funktioniert.

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Bilder sind etwas Wunderbares! Sie sprechen eine universelle Sprache und erreichen jeden in wenigen Sekunden – Menschen auf der ganzen Welt, unabhängig von Alter, Bildungsstand und Kulturkreis. Gleichzeitig kann heute jeder fotografieren und Bilder zur Verfügung stellen; wir leben im Zeitalter der Informationen und der Bilder – das ist Segen und Fluch zugleich.

Wie managen wir die tägliche Bilderflut? Viele arbeitende Bildredakteure sind Quereinsteiger oder ehemalige Fotografen, die über „learning by doing“ zu ihrem Beruf gekommen sind – und machen einen guten Job. Doch der Markt hat sich sehr verändert und es ist wichtiger denn je, gute Bildredakteure auszubilden. Ein grundsätzliches Interesse für Visuelles und ein guter Blick für Qualität und das Besondere sind nach wie vor Voraussetzung für diesen Beruf, jedoch muss man heute über viel mehr Skills als diese verfügen.

Wie hat sich der Markt verändert? Früher waren die Fundorte für gute Bilder überschaubar. Man hatte bestimmte Fotografen, Agenturen und Archive, mit denen man gerne zusammenarbeitete, verfolgte die bekannten Fotopreise, ging auf Fotoausstellungen sowie auf einige wenige Fotofestivals im Jahr, wo man Fotografen und Kollegen traf. Heute gibt es immer mehr und neue Quellen für gute Bilder: unzählige Fotografen, Fotowettbewerbe und -stipendien, Fotofestivals und Fotobücher. Dazu kommen Online-Magazine, Blogs, soziale Netzwerke, Fotoplattformen wie Instagram u. a. Eine sehr spannende Zeit, in der man immer wieder Juwelen entdecken kann. Es scheint aber gleichzeitig fast unmöglich, den Überblick zu bewahren und ständig auf dem Laufenden zu bleiben. Der Druck, nichts zu verpassen, ist enorm! Dazu kommen häufig ein Kosten- und Zeitdruck. Aus diesem Grund ist es extrem wichtig, als Bildredakteur gut organisiert zu sein und eine brauchbare Struktur für die eigene Arbeit zu entwickeln.

Hinzu kommt: An Bildredakteure, die online arbeiten, sind andere Anforderungen gestellt als an ihre Kollegen im Print. Nicht immer können dieselben Bilder, die in der Zeitung oder im Magazin gedruckt werden auch online verwendet werden. Sei es aus Budgetgründen oder weil ein einseitiges Bild in einer Zeitschrift, das online nur noch in Briefmarkengröße gezeigt werden kann, derart nicht funktioniert. Damit das Online-Angebot spannend bleibt, müssen die Inhalte regelmäßig und häufiger erneuert werden. Eine Slideshow, in der ein Bild nach dem anderen folgt, ist anders editiert als eine Strecke für ein Magazin, in dem mehrere Bilder unterschiedlicher Größe auf einer Seite miteinander korrespondieren und einander ergänzen sollten.

Was macht einen guten Bildredakteur aus? Wir brauchen heute also visuelle Experten, die artikuliert über Bilder sprechen können, die effektiv und effizient arbeiten, die rasch aus den Unmengen an Bildern die guten von den schlechten unterscheiden können, die wissen, wo man schnell gute Einzelbilder und Geschichten zu verschiedenen Themen in unterschiedlichen Genres und Stilen findet, die einen Fotografen, egal wo auf der Welt, ausfindig machen und beauftragen können. Bildredakteure sollten sich außerdem mit Bild-, Persönlichkeits- und Urheberrecht auskennen und gerade im Journalismus ethische Richtlinien kennen, um Glaubwürdigkeit und Authentizitätsansprüche zu garantieren. Schließlich sollten Bildredakteure mit Online-Medien vertraut sein, das heißt Content-Management-Systeme beherrschen und am besten auch noch über multimediale Kompetenz verfügen. Ein guter Bildredakteur ist ein Experte für Bilder, aber eben auch ein Redakteur, der inhaltlich und konzeptionell denkt. All das zu vermitteln, ist das Ziel der Ostkreuzschule für Fotografie, eine der wenigen Institutionen, die Bildredakteure ausbilden.

Was bietet die Ausbildung an der Ostkreuzschule für Fotografie? In dem Studium werden unter anderem aktuelle Tendenzen und Debatten in der Fotografie, besonders im Fotojournalismus, aufgegriffen und diskutiert, zahlreiche Bildrecherchen gemacht, Einzelbilder und Geschichten beurteilt und editiert, unterschiedliche Genres in der Fotografie behandelt, national und international arbeitende Fotografen und Agenturen vorgestellt, Portfolios und Proposals beurteilt, Themen recherchiert, Fotografen gebrieft. Ergänzend gibt es Vorträge von Gastdozenten und Besuche in Redaktionen, Buchverlagen und Agenturen, die einen Einblick in die unterschiedlichen Arbeitsfelder geben.

Sehr wichtig ist der Praxisbezug, das heißt, das Gelernte wird stets und ständig in verschiedenen Projekten angewandt und vertieft. Das geschieht beispielsweise in dem jährlich produzierten Fotobuch New York Edited, das in Kooperation mit den Absolventen des „Documentary Photography and Photojournalism Program“ des International Center of Photography in New York entsteht. Die Bildredakteure selektieren und editieren die Geschichten, legen die Reihenfolge fest, texten und layouten mit professioneller Unterstützung. Da eine gewisse Online-Kompetenz nicht mehr wegzudenken ist, realisieren die Bildredakteure jedes Jahr unter der Leitung von Betty Fink, Leiterin Agentur Ostkreuz, und Maik Reichert Multimedia-Stücke. Im Sommer 2013 kam als ein weiteres Projekt das OKS-lab, der Fotoblog der Ostkreuzschule, dazu. Die Bildredaktionsklasse 2013/2014 hat den Blog entwickelt und konzipiert, eine Redaktion gestellt mit dem sogenannten Blogger vom Dienst, einer Schlussredaktion und einem Community Management. Nach ca. 100 Beiträgen wurde der Blog 2014 an den nächsten Jahrgang übergeben. Der Blog ist eine optimale Plattform, um redaktionelles Arbeiten zu lernen und sich in unterschiedlichen Funktionen auszuprobieren.

Zusammen mit dem theoretischen Wissen werden durch die Projekte Fotobuch, Multimedia-Stück, Blog, Organisation eines „Shooting Day“ mit anschließender Slideshow-Präsentation und einem ganztägigen Portfolio-Review – letztere sind Kooperationen mit den Fotografie-Studenten der OKS – eine große Bandbreite sowohl im analogen wie im digitalen Bereich abgedeckt.

Wer studiert an der OKS? So unterschiedlich wie das Alter ist auch die geografische sowie berufliche Herkunft der Studierenden – sie kommen aus unterschiedlichsten Bereichen und bringen ihre jeweiligen Erfahrungen und Expertise in den Unterricht mit ein. Was sie alle eint, ist ihre Leidenschaft für Fotografie und der Wunsch, bildredaktionell zu arbeiten bzw. das Gelernte in ihrem Bereich (Journalismus, Fotografie, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit u. a.) einzubringen und anzuwenden.

Wie sind die Berufsaussichten? Es ist kein Geheimnis, dass es den Medien schon besser ging. Doch es gibt einen Bedarf an guten Bildredakteuren, das merken wir an den Anfragen nicht nur für Praktikanten, sondern auch für Trainee-, Volontär- und Redakteursstellen. Die Absolventen der OKS arbeiten u.a. bei: Cicero, Der Spiegel, Die Zeit, Dummy, Favorite Pictures, Fluter, KircherBurkhardt, Roba Images und Studio Andreas Wellnitz.

Hier gibt es den Artikel als PDF zum Runterladen.

Neugierig? Wir laden alle Interessierten ganz herzlich zum Tag der offenen Tür ein.

Wann:
Samstag, den 11.10.2014
11 –  14 Uhr für die Klasse Bildredaktion
11 – 17 Uhr für Fotografie

Wo?
Ostkreuzschule für Fotografie
Behaimstraße 28-30
13086 Berlin-Weißensee
www.ostkreuzschule.de
www.facebook/ostkreuz.de

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