Nahaufnahme: Anne Schwalbe

In der Rubrik Nahaufnahme sprechen Fotograf*innen und Dozent*innen der Ostkreuzschule für Fotografie (OKS) über Bilder, die ihnen besonders am Herzen liegen. Gillian Henn aus der Bildredaktionsklasse 2020/21 bat Fotografin und OKS-Absolventin Anne Schwalbe darum, uns einen Einblick in die Entstehung ihres Fotos zu geben.

Anne Schwalbe erzählt von Moosgärten und Japan, und davon, wie ihre Bilder entstehen.. oder auch nicht.
Japan, Foto: Anne Schwalbe

Dieses  Bild entstand 2019 während meiner Reise nach Japan. Ich hatte eine Ausstellung bei Curator’s Cube in Tokyo und bin ein paar Tage mit einer japanischen Freundin nach Kyoto gefahren. In Kyoto gibt es viele Tempel mit Moosgärten. Kazumi hatte für uns Eintrittskarten für den bekanntesten Moosgarten besorgt. Dafür muss man eine Postkarte an den Tempel schreiben und bekommt dann ebenfalls per Post die Eintrittskarten zugesendet. Das war der zweite Tempelgarten den wir uns angesehen haben. In beiden habe ich fotografiert.

Überall war dieses Moos. Es gibt dort ungefähr hundert unterschiedliche Moosarten. Diese Gärten sind künstlich angelegt und zum Teil einige hundert Jahre alt. Alles wird ständig gefegt. Man sieht kaum Blätter auf der Erde. Die Wege in den Parks von Tokyo werden übrigens auch oft gefegt. Wie die meisten meiner Bilder ist auch dieses spontan entstanden. Wenn ich unterwegs bin und ich meine Kamera dabei habe, dann mache ich ein Foto sobald mir etwas auffällt. Ich gehe nie suchend umher. Entweder fällt mir etwas ins Auge und ich finde es interessant, oder auch nicht. So ähnlich ist auch dieses Bild entstanden. Wir sind durch den Garten spaziert, das Licht war gut an diesem Tag und ich habe dieses Bild gemacht. Nur ein Bild. Seit 2003 fotografiere ich mit meiner analogen 6×6-Mittelformatkamera. Die Bilder, die ich auf dieser Reise in Japan gemacht habe, sind relativ konzentriert. Es gibt so gut wie keine Varianten sondern meistens nur ein Bild. 
Das war meine zweite Reise nach Japan. Das erste Mal war ich 2013 dort, auch für eine Ausstellung. Die Verbindung nach Japan entstand vor allem durch twelvebooks, einen Buchvertrieb in Tokyo. Atsushi Hamanaka von twelvebooks hatte 2012 mein Buch Wiese in einem Buchladen in Paris gefunden und vertreibt seitdem meine Bücher in Japan. Das ist eine ziemlich gute Verbindung. Ich habe den Eindruck, die Japaner können viel mit meinen Fotografien anfangen. 

Anne Schwalbe konzentriert sich in ihrer fotografischen Arbeit auf die Natur. Sie fotografiert Wiese. Aber auch Blindschleiche und Riesenblatt, Vulkan oder Stein. Das sind die Titel ihrer bisher entstandenen Serien. Im Moment arbeitet sie an Japan, Wiese Garten Baum und Winter Schnee Eis Nebel. Anne Schwalbe hat bisher fünf Bücher selbst publiziert, im ZEITmagazin erscheint ihre Kolumne: Die Gärten der Anderen. Ihre Bilder werden international ausgestellt und waren bisher unter anderem in Amsterdam, Tokyo, New York, München, Dublin und Basel zu sehen. Sie hat Fotografie an der Ostkreuzschule für Fotografie Berlin studiert, zuvor Germanistik und Kulturwissenschaft an der Humboldt Universität in Berlin. Sie lebt und arbeitet als freie Fotografin in Berlin. 

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