Shooting Day Weißensee „Zweisamkeit in Weißensee“

Ende September 2020 fand zum neunten Mal der alljährliche Shooting Day Weißensee statt. OKS-lab zeigt in ausgewählten Arbeiten unterschiedliche Sichtweisen auf den facettenreichen Bezirk. Dieses Mal präsentieren wir die Arbeit „Zweisamkeit in Weißensee“ der Fotografin Cecilia Gaeta. Das Kooperationsprojekt zwischen Fotografiestudent*innen des zweiten Jahres und der Bildredaktionsklasse nimmt mittlerweile einen festen Platz im Ausbildungsprogramm an der Ostkreuzschule für Fotografie (OKS) ein und bildet für beide Seiten einen professionellen Rahmen für spätere berufliche Alltagssituationen.

Simone de Beauvoir und Jean-Paul Sartre, Laurel und Hardy, Alma und Alfred Hitchcock – am Prinzip der Zweisamkeit scheint was dran zu sein, und das natürlich nicht nur bei Künstler*innenpaaren. Aber wie verhält es sich damit, wenn ein neues „Element“ die Zweisamkeit aufbricht? Das ergründet die Fotografin Cecilia Gaeta in ihrer Strecke über eine junge Familie, Cathy, Natz und Iraya, die in Weißensee lebt.

Im Nachgang zum Shooting Day sprach die Bildredakteurin Julia Brigasky mit der Fotografin Cecilia Gaeta.

Julia Brigasky (JB): Wie hast Du Dich konkret auf den Shooting Day vorbereitet?

Cecilia Gaeta (CG): Ich habe sofort an eine Freundin von mir aus der Uni gedacht, die mit ihrer jungen Familie in Weißensee wohnt und eine eher unkonventionelle Beziehung zu dem Ort hat. Ich habe angerufen und gefragt, ob sie Lust und Zeit hätten mitzumachen. Sie waren zum Glück gespannt auf meine Ideen. Und ich fand es schön, dass meine Vorstellung von einem Paar in Weißensee im Jahr 2020 eine junge philippinisch-deutsche Familie ist.

JB: Was ist die Geschichte zu der Familie, die Du porträtiert hast?

CG: Cathy und Natz haben erst in Weißensee ein Zuhause für ihre junge Familie gefunden. Sie ist Deutsch-Filipina und ist in Hannover groß geworden. Er kommt aus einer Provinz auf den Philippinen. Cathy hat für Forschungsarbeiten im Rahmen ihres Studiums lange auf den Philippinen gelebt und sich dort auch mit ihrer Identität auseinandergesetzt. Die beiden haben sich auf den Philippinen kennengelernt und dort geheiratet. Cathy ist für ihr Studium wieder zurück nach Berlin gegangen, wo sie feststellte, dass sie schwanger war. Dann musste sie das Leben für die beiden in Deutschland allein organisieren: eine Wohnung finden, Papiere, Finanzen regeln etc., während Natz sich auf den Philippinen um sein Visum und einen Deutsch-Sprachtest kümmerte. Weißensee ist der einzige Ort in Berlin, wo sie eine bezahlbare Wohnung gefunden haben. Natz kam erst kurz vor Ende der Schwangerschaft nach Berlin, um dann das gemeinsame Leben in Weißensee mit dem kleinen Iraya anzufangen. Sie wohnen jetzt seit eineinhalb Jahren in einer Zweizimmerwohnung direkt am See und lieben es hier, auch wenn sie natürlich die Philippinen sehr vermissen.

JB: In vielen Deiner Bilder in dieser Strecke sind die Personen oder Gegenstände angeschnitten – ist das ein fotografisches Stilmittel, das Du häufig verwendest? Warum hast Du das hier gewählt?

CG: In den ersten Schuljahren an der Ostkreuzschule geht es viel ums Experimentieren und darum, das eigene Auge, den eigenen Blick zu finden und trainieren. Ich versuche gerade, in der Bildkomposition die Personen nicht allzu zentral zu platzieren, um mich zu „zwingen”, auch alles andere zu beobachten: was drumherum passiert, was sonst häufig verloren geht. Das „Drumherum“ ist aber bei einer Reportage über Menschen gerade das Wichtigste, um ihre Geschichte “rund” erzählen zu können.

JB: Welche Herausforderungen gab es für Dich beim Shooting oder bei der Vorbereitung?

CG: Die größte Herausforderung war sicherlich die Zeitplanung. Cathy und Natz hatten nur am Sonntagnachmittag für ein paar Stunden Zeit. Ich wollte eine kleine Reportage machen, so spontan wie möglich. Ich war nicht sicher, ob die Zeit reichen würde. Und wenn etwas schiefgegangen wäre, hätte ich keine Alternative gehabt. Also, die übliche Angst bei jedem Fotoshooting! Das Wetter war natürlich auch schrecklich…

JB: War es schwierig für Dich, mit einem vorgegebenen Briefing zu arbeiten? Blieb Dir genügend Raum für eigene Ideen?

CG: Ja, ich hatte auf allen Fälle genügend Raum, um meine eigene Idee zu entwickeln. Das Briefing war relativ offen formuliert. Das war einerseits eine Erleichterung und anderseits am Anfang auch herausfordernd.

JB: Was ist Dir bei der Zusammenarbeit mit Bildredakteur*innen wichtig, vor und nach dem Shooting?

CG: Ich fand es sehr gut, dass Du sofort bereit warst, mit mir über das Briefing zu reden und unsere Vorstellungen auszutauschen. Ich fand es interessant zu fotografieren, und erst einmal Abstand zu den Fotos zu halten und abzuwarten. Es war dann spannend, die fertige Serie zu sehen, die von „externen Augen“ zusammengestellt wurde. Ich war nicht wirklich Teil des Auswahlprozesses; obwohl Du mich ja gefragt hattest, welche meine Lieblingsbilder sind, fand ich es viel interessanter, mich erst einmal zurückzuhalten und zu gucken, was Du darin gesehen hast.

Aufgewachsen im chaotischen Zentrum Roms, ist Cecilia Gaeta leidenschaftliche Fotostudentin an der Ostkreuzschule in Berlin und Videoreporterin bei DW Premium News. Nach ihrem Abschluss an der Humboldt-Universität in Asien- und Afrikastudien mit dem Schwerpunkt Frauenmigration möchte sie nun mit Fotografie, Videos und Worten über globale Themen mit Augenmerk auf soziale und Gender-Gleichberechtigung berichten.

Betreuende Bildredakteurin: Julia Brigasky