Chiara Dazis „Wandertage“ – gedruckt und geehrt

Kürzlich zeigte die italienische Fotografin Chiara Dazi, die an der Ostkreuzschule studiert hat, ihre Fotostrecke “Wandertage” bei „Do you read me?!“. Die Arbeit wurde mit dem HIL Preis 2013 ausgezeichnet und landete als Cover-Geschichte in der dritten Ausgabe der englischen Zeitschrift „Teller“ – A magazine of stories.

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Chiara Dazi hat es geschafft, in die Welt der Wandergesellen einzutauchen und ihr Vertrauen zu gewinnen und so ein einfühlsames Portrait einer geschlossenen Gemeinschaft zu schaffen.

Nach Abschluss der Lehre machen sich die Gesellen auf die Walz, eine Wanderung, die genau drei Jahre und einen Tag dauert. Sie laufen von Ort zu Ort, mit wenig Geld in der Tasche und bieten ihr Handwerk an. Sie sollen neue Regionen kennenlernen, Lebenserfahrung sammeln und dürfen bei all dem nicht näher als 50 Kilometer an ihren Heimatort herankommen. Am Schluss der Wanderschaft sind sie Zunftsgenossen und können ihren Meister beginnen.

Um einen Einblick in diesen intensiven Lebensabschnitt, die traditionelle Wanderschaft zu bekommen, ist Chiara mit unterschiedlichen Gruppen und einzelnen Gesellen mitgewandert und hat sich für die meiste Zeit auch an die Regeln dieser engverbundenen Gemeinschaft gehalten. Ihre Bilder fangen nicht nur die melancholischen, fast romantisch wirkenden Momente dieser 800 Jahre alten Tradition, dieses Initiationsritus’ ein, sondern auch die harte Realität des Lebens auf der Straße. Chiara gibt uns einen Einblick in ein Leben, das wir uns sonst nur vage vorstellen könnten: Die Abhängigkeit von der Güte eines Fremden, für den Moment zu leben, nicht zu wissen, wann man das nächste warme Essen bekommt oder wieder ein Dach über dem Kopf hat.

In der Begründung der Jury des HIL Preises 2013 heißt es:

„Josefa, die Protagonistin von Dazis Bildband „Wandertage“, entscheidet sich bewusst für die Freiheit, trotz aller damit einhergehenden Schwierigkeiten. Sie geht als Wandergesellin ihren eigenen Weg, raus aus den gesellschaftlichen Konventionen und rein in einen selbstbestimmten Alltag. Die Fotografin Chiara Dazi hat einen Teil des Weges von Josefa begleitet … Auch im gesellschaftlichen Kontext stehen die Werte „Freiheit“ und „Demokratie“ der Erfahrungswelt von Angst und Sicherheit gegenüber, und die bewusste Entscheidung einer jungen Frau, sich diesem Spannungsfeld aus eigenem Antrieb auszusetzen, scheint die Fotografin zu faszinieren. Dieses universelle Thema bringt Chiara Dazi in ihrer kleinen Bildreportage fotografisch gekonnt auf den Punkt.”

Das jährliche Nachwuchs-Stipendium für Fotografen, der HIL Preis, umfasst die Möglichkeit, vertiefend an einem Thema zu arbeiten und das Ergebnis in einer Ausstellung und einem Fotobuch festzuhalten.

Momentan arbeitet Chiara an einer Sammlung von Kurzgeschichten über Familien aus unterschiedlichen europäischen Ländern und begibt sich in deren Alltag, um einen fotografischen Einblick in deren Leben und deren Existenzkampf zu vermitteln, der durch die Krise in Europa verursacht wurde.

Chiara Dazi ist aufgewachsen in Italien. Sie studierte Kommunikationswissenschaft und Sprachen an der Universität Bologna. Nachdem sie im Archiv der Agentur Vu in Paris gearbeitet hatte, zog sie nach Berlin und absolvierte ein Fotografiestudium an der Ostkreuzschule, Abschluss bei Thomas Sandberg (5. Jahrgang, 2011). „Wandertage“ ist ihre Abschlussarbeit. Chiara Dazi lebt und arbeitet als freie Fotografin in Berlin.

www.dazic.com