Fiktion – Brasch

Die Basisklasse der Ostkreuzschule für Fotografie hat diesen Sommer in Zusammenarbeit mit der Bildredaktionsklasse eine Fotoserie erarbeitet. Die Aufgabe bestand darin, fiktive Texte fotografisch zu interpretieren. Es standen ein Gedicht von Thomas Brasch und ein Songtext von Tocotronic zur Auswahl.

unspecified-2Was ich habe, will ich nicht verlieren, aber
wo ich bin, will ich nicht bleiben, aber
die ich liebe, will ich nicht verlassen,aber
die ich kenne, will ich nicht mehr sehen, aber
wo ich lebe, da will ich nicht sterben, aber
wo ich sterbe, da will ich nicht hin:
Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin.

Das literarische Werk von Thomas Brasch ist geprägt durch seine Erfahrungen der Kadettenausbildung, Zensur und eines Gefängnisaufenthaltes, ohne diese direkt zu thematisieren.  Sein Gedicht Bleiben wo ich nie gewesen bin handelt von seiner erzwungenen Übersiedlung in die BRD 1976. Brasch kanalisiert seine innere Zerrissenheit zwischen Angst und Sehnsucht, der er als unfreies Individuum ausgesetzt ist.
Jasper Kettner abstrahiert und interpretiert diese Zeilen auf seiner Reise von Berlin nach Kroatien neu. Soziale Beziehungen, Orte, Mobilität und Unbeweglichkeit sind seine Themen.  Mit Unschärfe visualisiert er das individuelle Spannungsfeld, in der das freie Individuum sich bewegt.
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Jasper Kettner (*1974) ist freier Fotograf und Kunsthistoriker. Als Kurator und Projektleiter war er für verschiedene Kunstinstitutionen tätig. Seit Februar 2016 besucht er die Basisklasse der Ostkreuzschule für Fotografie bei Werner Mahler.