„Sunny“

Das Fotobuch Sunny von Dagmar Kolatschny, Absolventin der Ostkreuzschule für Fotografie, untersucht die Wahrnehmung des Sonnenlichts in seiner städtischen Umgebung. Erschienen ist das Buch 2014 bei Peperoni Books und wird erstmalig in einem großen Umfang im Projektraum für Fotografie exp12 ausgestellt. 

Im Folgenden werden einige Impressionen aus Sunny präsentiert.

Sunny - Dagmar Kolatschny

Sunny – Foto: Dagmar Kolatschny

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Sunny, Foto: Dagmar Kolatschny

„Freuen wir uns, wenn die Sonne aufgeht und das schöne Licht kommt. Das Gaslicht kann ausgehen, das elektrische. Die Menschen stehen auf, wenn ihr Wecker schnurrt, es hat ein neuer Tag begonnen. Wenn vorher der 11. April war, ist jetzt der 12., wenn es ein Sonntag war, ist jetzt ein Montag. Das Jahr hat sich nicht geändert, der Monat auch nicht, aber es ist eine Änderung eingetreten. Die Welt hat sich weiter gewälzt. Die Sonne ist aufgegangen. Es ist nicht sicher, was diese Sonne ist. Die Astronomen beschäftigen sich viel mit diesem Körper. Er ist ja, sagen sie, der Zentralkörper unseres Planetensystems, denn unsere Erde ist nur ein kleiner Planet, und was sind eigentlich wir denn? Wenn so die Sonne aufgeht und man sich freut, sollte man eigentlich betrübt sein, denn was ist man denn? 300 000 mal so groß wie die Erde ist die Sonne, und was gibt es alles noch für Zahlen und Nullen, die alle nur sagen, daß wir eine Null sind oder gar nichts, völlig nichts. Eigentlich lächerlich, sich da zu freuen. Und doch freut man sich wenn das schöne Licht da ist, weiß und stark, und kommt auf den Straßen, in den Zimmern erwachen alle Farben, und die Gesichter sind da, die Züge. Es ist wohlig, Formen und Farben zu tasten mit den Händen, aber es ist ein Glück zu sehen, Farben zu sehen, Linien. Und man freut sich und kann zeigen, was man ist, man tut, man erlebt. Wir freuen uns auch im April über das bißchen Wärme, wie freuen sich die Blumen, daß sie wachsen können Es muß ein Irrtum, ein Fehler sein in den schrecklichen Zahlen mit den vielen Nullen.“                    

Alfred Döblin, Berlin Alexanderplatz (Einleitungstext in „Sunny“)

Sunny, Foto: Dagmar Kolatschny

Sunny, Foto: Dagmar Kolatschny

Sunny, Foto: Dagmar Kolatschny

Sunny erzählt von der Banalität unserer Umgebung, welche durch das Sonnenlicht beleuchtet wird und somit neue Qualitäten der Betrachtung generiert. Es sind flüchtige Momente des Alltäglichen, welche Dagmar Kolatschny fotografisch festhält: die schmutzige Fassade, Lücken, die übrig bleiben, Ränder, die reißen, leere Räume und Treppenhäuser, Pflanzen, die sich als Ornamente um die Fensterscheibe ranken. Aus Banalitäten werden Inszenierungen zum Staunen. Diese hinterlassen Eindrücke, welche ohne das Licht der Sonne nicht sichtbar wären. Es entstehen nicht planbare Augenblicke, die nur von kurzer Dauer sind. Gefühlte Momente des Vergehens und der Veränderung.

Sunny - Dagmar Kolatschny

Sunny, Foto: Dagmar Kolatschny

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Sunny, Foto: Dagmar Kolatschny

Sunny ist direkt auf Dagmar Kolatschnys Webseite oder bei Peperoni Books erhältlich.
Sunny – 2014 / Peperoni Books / 80 Seiten / 44 Bilder / 19,5 x 27,5 cm / Softcover / Auflage 300

Ausstellung exp12, Foto: Ina  Schoenenburg

Ausstellung exp12, Foto: Ina Schoenenburg

Derzeit stellt Dagmar Kolatschny ihre Arbeit Sunny in dem Projektraum für Fotografie exp12 aus, bei welchem sie seit 2012 Mitglied ist. Die Präsentation neuer und bereits vollendeter Fotobuch-Projekte bildet einen Schwerpunkt bei exp12. Die Ausstellung zum Fotobuch läuft noch bis zum 31. Mai 2015.

Wo: exp12, Greifswalderstraße 217, 10405 Berlin
Wann: Sa 16-20 Uhr – So 14-18 Uhr

Dagmar Kolatschny studierte an der VHS Kreuzberg und an der Ostkreuzschule für Fotografie, Berlin. Sie absolvierte das MfA Photography Programm an der University of Hartford, USA. Seit 2012 ist sie Mitglied des Kollektivs exp12 / exposure twelve. Sie nahm an zahlreichen Ausstellungen teil. 2014 erschien ihr Buch Sunny im Peperoni Books Verlag.

www.dakola.de

Dieser Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Caro Bräuer verfasst.