„Der Löffel raubt den Winterschlaf“

Im Rahmen eines Professionalisierungsseminars der Gesellschaft für Humanistische Fotografie trafen sich elf Berliner Fotografen/-innen und erarbeiteten gemeinsam das Thema „Cadavre Exquis“. Dabei handelt es sich um eine im Surrealismus entwickelte spielerische Methode, bei der die Entstehung von Bildern und Texten dem Zufall überlassen wird und keiner von vornherein sagen kann, wie das Endprodukt aussehen wird. Galerist und Architekt Horst Schönig gibt diesem Projekt momentan in seiner Galerie world in a room im Berliner Stadtteil Schöneberg ein Zuhause.

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Drüben, Foto: Anne Helmer

Ist es möglich, gemeinsam eine Geschichte zu erzählen? Eine Geschichte, bei der die verschiedenen Erzähler/-innen nicht die leiseste Ahnung haben, was vor oder nach ihnen erzählt wurde? Feriel Bendjama, Anna Duda, Sara Graetz, Anne Helmer, Stéphane Lelarge, Annina Lingens, Verónica Losantos, Schirin Moaiyeri, Jule Roehr, Anke Schüttler und Marie Zbikowska beweisen, dass es möglich ist. Auf einem Seminar der Gesellschaft für Humanistische Fotografie lernten die Berliner Fotografen/-innen sich erstmals kennen. Ihr Gruppenprojekt „Der Löffel raubt den Winterschlaf“ basiert auf der surrealistischen Methode Cadavre Exquis. Das Prinzip ähnelt dem beliebten Kinderspiel Stille Post. Die Teilnehmer/-innen kannten immer nur die Fotografie des Vorgängers und mussten diese thematisch erfassen, interpretieren – und letztlich selber ein Bild schießen und das Resultat weitergeben. Für eine Gruppenausstellung im Bereich der Fotografie eine spannende und sicherlich nicht risikofreie Herangehensweise.

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Blu Shadow, Foto: Stéphane Lelarge

Galerist und Architekt Horst Schönig war so freundlich, uns persönlich zu begrüßen, um mit uns über die Arbeit zu sprechen. Besonders interessant ist die Tatsache, dass die beteiligten Fotografen/-innen bis zur tatsächlichen Hängung der Bilder die restlichen Fotografien noch nicht gesehen hatten. Das Prinzip Cadavre Exquis wurde also konsequent durchgezogen, dadurch war die finale Geschichte für alle eine Überraschung. Das Resultat spricht für sich und die Künstler/-innen – unter denen sich drei Alumni der Ostkreuzschule für Fotografie befinden (Stéphane Lelarge, Anna Duda, Anne Helmer) – sind alle mehr als zufrieden mit der Ausstellung. Die Zusammenarbeit an dem Projekt funktionierte so gut, dass die Fotografen/-innen sich entschieden haben, auch zukünftig weiter an verschiedenen Projekten zusammenzuarbeiten, wie uns Herr Schönig verriet.

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Die Galerie world in a room

Bei einem Besuch sollte man sich unbedingt den liebevoll gestalteten Flyer anschauen. Er führt die Besucher chronologisch durch die Ausstellung und beinhaltet eine Kurzgeschichte, die nach der Fertigstellung des Projektes eigens für die Ausstellung geschrieben wurde. Ebenfalls lohnt sich der Besuch des schönen Viertels Rote Insel  in Schöneberg, in dem die Galerie ihren Sitz hat.

Da die Bilder für die Ausstellung in eine andere Reihenfolge gebracht wurden als sie geschossen wurden, wird man als Besucher automatisch dazu aufgefordert, die Bilder in Relation zu setzen und die individuellen Geschichten zu interpretieren. Getreu der Methode des „Cadavre Exquis“ eröffnen sich so verschiedene und unvorhersehbare Wege, um die Geschichte zu lesen und zu einem eigenen Schluss zu kommen.

Wo:  Galerie world in a room, Brunhildstraße 7, 10829 Berlin-Schöneberg
Wann:  Freitags und Samstags zwischen 14 und 18 Uhr, einschließlich bis zum 30. Mai 2015

An folgenden Tagen sind Fotografen/-innen in der Galerie und geben Auskunft über ihre Arbeit:

17.04.14 – 18 Uhr:  Marie Zbikowska
18.04.14 – 18 Uhr:  Marie Zbikowska
24.04.15 – 18 Uhr:  Shirin Moaiyeri
25.04.14 – 18 Uhr:  Anke Schüttler

 

Dieser Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Jan Poppenhagen verfasst.