#achtensPREVIEW: „Stadt der Zukunft“

Was hat der achte Jahrgang zu sagen?

Wenn jährlich im Herbst die Abschlussklasse zur Vernissage lädt, sehen Fotografen und Bildredakteure, Freunde und Förderer der OKS gezielt hin, welche Themen die Studenten a. D. in die Welt tragen, und mit welcher Bildsprache? Angehende Absolventen haben uns zur „Sneak Preview“ geladen und geben Einblicke in ihre Arbeit „in progress“. Ob als Bildstrecke oder Multimedia-Interview – immer unerwartet.

#ROBERT FUNKE, Fotograf Abschlussklasse 2014






OKS-lab: Worum geht es in Deiner Arbeit?
Robert Funke: In meiner Arbeit geht es um das Scheitern der Utopie des industrialisierten Wohnungsbaus in der DDR, aber auch um den Wandel eines Ortes am Beispiel von Leipzig-Grünau. Diese Siedlung wurde einst für über 100.000 Menschen konzipiert und die Einwohnerzahl ist mittlerweile auf weniger als die Hälfte geschrumpft. Neben der verschwindenden Architektur wollte ich die Bewohner fotografieren: sowohl die Verbliebenen als auch die Leute, die bereits weggezogen sind, aber Spuren hinterlassen haben und Menschen, die symbolisch für einen Teil der Entwicklung dieses Stadtteils stehen. Trotz des zu beobachtenden Abwärtstrends möchte ich die Platte aber nicht ganz abschreiben und eine Geschichte erzählen, die auch noch ein positives Ende zulässt.

Wie bist Du auf Dein Thema gestoßen?
Da ich in Leipzig-Grünau aufgewachsen bin, bis zu meinem 21. Lebensjahr dort gelebt habe und irgendwann jeglichen Bezug zu diesem Ort verloren habe, fand ich es spannend, zurückzukehren. Der Grund, warum ich mich letztlich entschieden habe, dort meine Abschlussarbeit zu fotografieren, war der Kontrast zwischen meinen Erinnerungen und dem Gefühl, das ich da gegenwärtig hatte: Es schien einfach alles anders zu sein, obwohl es noch genauso aussah.

Wie hat sich der Ort für Dich während Deiner Arbeit verändert?
Anfangs war es sehr seltsam, und alles kam mir trostlos und traurig vor, ganz anders als in meinen Erinnerungen an den Ort, den ich eigentlich nie als unangenehm empfunden hatte. Mit der Zeit veränderte sich meine Sicht und ich entdeckte viele Gegenden, in denen ich früher nie unterwegs gewesen war. Das war gut, denn ich wollte keine Arbeit über meine eigene Vergangenheit machen. Ich fotografierte dann fast eineinhalb Jahre lang im Monatsrhythmus und lief dabei die Wohnkomplexe ständig auf und ab. Besonders schwierig war es, situative Aufnahmen zu machen, da sich auf den Straßen dort eigentlich relativ wenig interessantes Leben abspielt.

Seit den 1990er Jahren hat sich das Image der Platte zunehmend verschlechtert. Glaubst Du, das könnte sich wieder ändern?
Auch wenn die Platte nie den Ansprüchen unserer Gesellschaft nach Individualität gerecht werden konnte und die soziale Mischung, wie sie einst angestrebt war, später durch eine verfehlte Wohnungsvergabepolitik zunichte gemacht wurde, glaube ich, dass einige Plattenbausiedlungen in Zukunft an Attraktivität gewinnen könnten: Steigende Mieten und Platzmangel in den Innenstädten tragen zu einer Entwicklung in diese Richtung bei.

 
Die Abschlussklasse 2014 lädt zur Vernissage am: 17. Oktober 2014, 19 Uhr, SEZ Berlin.
Vom 18. bis 26. Oktober wird die Abschlussausstellung dort zu sehen sein.

Robert Funke (Klasse Sibylle Fendt) wurde 1985 geboren und lebt seit 2012 in Berlin.
www.robertfunke.com

#achtensPREVIEW ist eine Gemeinschaftsproduktion der OKS-Absolventen ‚Bildredaktion‘ Matthias Erfurt, Massimo Rodari, Alena Siamionava und Annette Streicher mit der Abschlussklasse 2014.
Besonderer Dank für die Koordination: Nancy Göring.